Selbstwertgefühl: Mit fünfzig obenauf
Bei Teenagern liegt das Selbstwertgefühl oft brach. Doch dann geht es damit zum Glück peu à peu bergauf, fand der Persönlichkeitspsychologe Tilmann von Soest von der Universität Oslo heraus.
Wann fühlen wir uns am wohlsten?
Aus unserer Studie unter gut 5500 Norwegern geht hervor, dass wir umso positiver über uns denken, je älter wir werden. Im Durchschnitt ist unser Selbstwertgefühl ums 50. Lebensjahr herum optimal. Dann sind wir oft auf dem Höhepunkt unserer Karriere, und auch privat läuft's rund. Die Kinder sind nicht mehr so klein, es ist weniger stressig, und wir punkten an allen Fronten mit Erfahrung. Wir werden für unsere Fähigkeiten geschätzt, um Rat gefragt und sind vielleicht sogar ein Vorbild für andere.
Aber das Selbstwertgefühl dreht sich doch darum, wer man ist, und nicht darum, was man kann.
Das stimmt, beim Selbstwertgefühl geht es darum, wie sehr man sich selbst als Person schätzt, unabhängig davon, was man erreicht hat. Aber … wir sind soziale Tiere. Wie man sich selbst sieht, wird letztendlich auch durch andere beeinflusst. Wenn man seinem Umfeld etwas bedeutet und gesellschaftlich gut integriert ist, trägt das stark zum Selbstwertgefühl bei.
Was, wenn das eigene Leben nicht so rosig ist?
Das schlägt sich auch im Selbstwertgefühl nieder. In unserer Studie war das bei Menschen niedriger, die keine Arbeit, keinen Partner, kein Haus oder Geld haben. Das galt auch für diejenigen mit Gesundheitsproblemen. Daher sinkt das Selbstwertgefühl auch ab etwa 60, 70 Jahren allmählich: Körperliche Probleme mehren sich dann, Freunde oder Partner entfallen, und nicht allen Leuten gelingt es, die Tage sinnvoll zu füllen. Die Persönlichkeit spielt aber auch eine Rolle: Emotional stabile Typen haben länger ein hohes Selbstwertgefühl, genauso wie extrovertierte Menschen.
Was hilft, das eigene Selbstwertgefühl zu pushen oder zumindest auf Niveau zu halten?
Alles, wodurch man anderen etwas bedeutet: eine Sportmannschaft trainieren, Babysitting, Mentor sein, Sprachunterricht geben. Man unterstützt so andere, aber auch sich selbst. Außerdem lohnt es sich, in Freundschaften zu investieren. Selbst wenn der Partner nicht mehr da ist, kann man auf dem Weg Beziehungen zu Menschen haben, die einen positiv sehen.
Self-esteem across the second half of life: The role of socioeconomic status, physical health, social relationships, and personality factors, Journal of Personality and Social Psychology, Juni 2018