Cybermobbing: "Online fehlt die Gelegenheit, Mitleid zu entwickeln"
Längst findet Mobbing nicht nur auf dem Schulhof statt – oft ist das Internet der Tatort. Wie man auf Cybermobbing reagiert, weiß Rechtsanwältin Gesa Stückmann, die mit Law4school über die Risiken des Internets aufklärt.
Was unterscheidet Cybermobbing vom klassischen Mobbing in der Schule?
Zum einen stehe ich dem Opfer nicht mehr persönlich gegenüber, ich kann mich feige hinter meinen Geräten verstecken. So ergibt sich keine Gelegenheit, Mitleid zu entwickeln. Cybermobbing ist zum anderen nicht auf die Schule begrenzt. Heute sind die Kinder durch ihre Handys ständig verfügbar. Und ein peinliches Video ist sieben Tage die Woche 24 Stunden online. Der Täter hat heute somit mehr Möglichkeiten, dem Opfer Leid zuzufügen. Er kann etwa auch ein Fake-Profil erstellen oder sich in das Profil auf Instagram einhacken.
Wie sollte man als Eltern reagieren, wenn das Kind im Internet gemobbt wird?
Es ist schwierig, wenn das Kind sich nicht öffnet. Ich hatte einen Fall, da saß der Vater bei mir, sein Kind war von jetzt auf gleich verstummt und wollte nicht mehr zur Schule. Der Vater hatte vorher noch mitbekommen, dass es um Unterwäschefotos ging. Er bekam zwar das Handy, aber nicht das Passwort. In einem solchen Fall kann helfen, das Gespräch mit dem Schulsozialarbeiter zu suchen. Wenn sich Ihr Kind öffnet, ist es wichtig, im Gespräch zu bleiben. Sie sollten ihm signalisieren, dass Sie für es da sind, und gemeinsam einen Weg finden. Es hilft nicht, das Kind mit dem Entzug des Smartphones und Internetzugangs zusätzlich zu „bestrafen“.
Wie schütze ich mein Kind vor Cybermobbing?
Es ist wichtig, sich dafür zu interessieren, was die Kinder im Netz machen. Mit meiner zwölfjährigen Tochter habe ich ausgemacht, dass wir jede Woche ihre Whatsapp-Kontakte besprechen. Indem wir reden, kann ich ihr vieles klarmachen, was sie als Kind erst lernen muss. Ich erkläre ihr etwa, dass es komisch ist, wenn jemand Unbekanntes ihr schreibt. Das hat bei ihr auch gefruchtet. Es ist wichtig, dass wir unsere Kinder unterstützen und uns auch selbst informieren. Häufig wird den Kindern nur gesagt, wie gefährlich das Internet ist. Ihnen wird aber nicht das Handwerkszeug, das rechtliche Grundwissen für den Umgang damit mitgegeben. Erst so aber lernen Kinder die Konsequenzen kennen, die ihre Entscheidungen online haben.
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