Mehr Nachsicht bitte (und weniger Platz für den inneren Kritiker)
Immer dieser innere Kritiker, der uns einreden will, wir seien nicht gut und schön genug, so wie wir sind. Woher kommt das eigentlich?
Das, was unser innerer Kritiker von sich gibt, stammt aus der Vergangenheit, sagen kognitive Therapeuten. Seine Kritik rührt von tief eingeschliffenen Überzeugungen her, die wir schon früh im Leben übernommen haben. Sie handeln davon, was wir erlebt und wie andere auf uns reagiert haben. Solche Kerngedanken erfahren wir als feststehende Wahrheiten, egal ob positiv oder negativ.
Wenn Sie in einem warmherzigen und unterstützenden Umfeld aufgewachsen sind, ist die Chance groß, dass einer Ihrer Kerngedanken lautet: Ich bin gut so, wie ich bin. Aber bei Menschen, die eine problematische Beziehung zu Essen entwickeln, zeigt sich häufig, dass sie in ihrer Jugend öfter als andere Menschen Überzeugungen entwickelt haben wie: Ich bin wertlos, dumm, hässlich.
Häufig sind wir uns dieser Kerngedanken nicht einmal bewusst. Präsenter sind die Lebensregeln, die wir daraus destillieren. "Dazwischenliegende Gedanken", sagen die Psychologinnen Noordenbos und ten Napel dazu. Bei negativen Kerngedanken können Lebensregeln etwa sein: Wenn ich mich in der Schule nur genügend anstrenge, wird keiner merken, dass ich wertlos bin, oder: Wenn ich nur schlank bin, werden sie mich akzeptieren.
Diese dazwischenliegenden Gedanken bilden den Nährboden für sogenannte automatische Gedanken: ständig aufkeimende Urteile, mit denen Sie sich selbst kasteien. Für Menschen mit Gewichtsproblemen wirken sie im Alltag oft unterminierend, zum Beispiel: "Du siehst wirklich unmöglich aus", "Fettes Schwein!" oder "Schwächling, letztlich entscheidest du dich immer wieder fürs Falsche".
Diese automatischen Gedanken können uns Angst und Machtlosigkeit vermitteln. Manche Menschen erleben sie wie eine Stimme aus dem Off, die sie zwingt, sich nach dem "Sündigen" zu übergeben, 20 Runden zu rennen oder den Rest des Tages zu fasten. Es kann sinnvoll sein, herauszufinden, welche tieferen negativen Überzeugungen dieser permanenten Selbstkritik zugrunde liegen. Weiß man, um welche es sich handelt, hilft das, sie wirklich anzupacken.
Studien und Erfahrungen aus der Praxis haben gezeigt, dass negative Kerngedanken dann sehr wohl durch positive ersetzt werden können, wie "Ich bin gut so, wie ich bin". Ein schöner Nährboden für genau die Selbstakzeptanz, die Ihnen hilft, gut für sich selbst zu sorgen.
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