Achtsam essen: Erst fühlen, dann zugreifen
Sie haben wieder gedankenlos eine Tüte Chips bis auf den letzten Krümel geleert? So können Sie Ihre Muster durchbrechen und mit Maß genussvoller essen
Wann essen wir eigentlich? Wenn wir Hunger haben, würden wir sagen, aber es gibt eine Menge mehr Gründe, weshalb wir zum Essen greifen. Beispielsweise weil wir dazu verführt werden oder weil wir uns in unserer Haut nicht wohlfühlen. All diese Arten von Hunger, auch Esstrigger genannt, bestimmen, warum und wann wir essen. Der eine Trigger ist dabei nicht besser oder schlechter als der andere, und alle können sie dazu führen, dass wir automatisch essen, ohne das Essen wirklich zu genießen – mit all den dazugehörenden Schuldgefühlen.
Sind Sie mit Ihrem eigenen Essmuster nicht zufrieden, kann es helfen, wenn Sie lernen, Ihre Esstrigger zu erkennen und zu akzeptieren. Durch achtsames Essen können Sie eine andere Beziehung zu Nahrung bekommen: bewusster, relaxter und gesünder. Mindfulness-Trainerin Rita Zeelenberg findet es sehr schade, auf welche Weise sich viele Menschen mit Nahrung beschäftigen. "Oft entweder sehr gedankenlos oder überbewusst nach den Kategorien ‚gesund‘ oder ‚ungesund‘.
In beiden Fällen werden Hunger- oder Sättigungssignale ignoriert – mit dem Ergebnis, dass wir zu viel, zu wenig oder nicht die richtige Nahrung zu uns nehmen. "Auch durch den Fitgirl-Trend und unser vermehrtes Wissen über Nahrung glauben manche Menschen, es gäbe so
etwas wie die "perfekte" Art zu essen, sagt Zeelenberg. "Unabhängig davon haben wir alle unsere eigenen Regeln, wenn es ums Essen geht, etwa dafür, was gut oder falsch sein soll. Das kann zu krampfhaftem oder sogar obsessivem Verhalten führen – wirklich bedauerlich, denn normal zu essen sollte doch auch ganz normal sein."
Bewusst zu fühlen und die Wahl des Essens von diesem Gefühl bestimmen zu lassen – das ist entspanntes Essen. Dabei kann es helfen, ein Training in "Achtsam essen" zu absolvieren, zeigen Studien. Es mindert Jojo-Effekte, emotionales oder übermäßiges Essen.
"Achtsam essen ist eine sanfte, aber wirkungsvolle Methode, wie Sie Muster durchbrechen können. Sie brauchen sich nur Ihrer eigenen Esstrigger und Essregeln bewusst zu sein. Dann essen Sie von selbst weniger und genießen mehr", sagt Rita Zeelenberg.
LERNEN SIE, IHRE ESSTRIGGER ZU ERKENNEN
Es gibt sieben Arten von "Hunger". Indem Sie erspüren, welcher bei Ihnen zu welchem Zeitpunkt aktiv ist, erfahren Sie, warum Sie essen.
Augenhunger: Essen zu sehen führt leicht zum Essen. Und weil Sie den ganzen Tag von Leckereien verführt werden, ist dieser Trigger oft sehr dominant.
Nasenhunger: Der Duft frischer Croissants zieht Sie in die Bäckerei. Siehe auch Augenhunger.
Kopfhunger: Die Stimmen, die "Gut!" oder "Falsch!" rufen und so bestimmen, was Sie essen.
Mundhunger: Ihr Bedürfnis nach einer bestimmten Textur.
Magenhunger: Ihr knurrender Magen.
Körperhunger: Ihr Bedürfnis nach kräftigem, salzigem oder pikantem Essen.
Herzhunger: Emotionen wie Kummer oder Stress bringen Sie zum Essen.
ÜBUNG: NACH WELCHEN REGELN ESSEN SIE?
Es gibt drei Arten von Essregeln:
1 Gutes und falsches Essen.
Zum Beispiel: "Essen nach 20 Uhr ist ungesund."
2 Was sich gehört und was nicht.
Zum Beispiel: "Eine Einladung kann man nicht ausschlagen."
3 Was Sie dürfen und was nicht.
Zum Beispiel: "Schokolade darf ich nur essen, wenn ich anschließend Sport treibe."
Rita Zeelenberg sagt: "Ihre eigene Liste öffnet Ihnen die Augen. Wenn Sie lernen, restriktive Gedanken und Urteile ein wenig zu lockern, kann Essen um einiges mehr Spaß machen und Entspannung bieten."
Notieren Sie Ihre Essregeln.
Was fällt Ihnen auf, wenn Sie die Liste betrachten?
Aus welcher der drei Kategorien stammen Ihre Regeln vor allem?
Welche Regeln haben Sie überrascht?
Welche möchten Sie loslassen?
Welche finden Sie gut und möchten Sie behalten?
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