11 Tipps gegen Flugangst
Stewardess: runzelt die Stirn. Flügel: klappert. Motor: macht seltsame Geräusche. Hilfe, heißt das etwa…? Elf Ängste, die wir beim Fliegen besonders oft erleben – und elf beruhigende Tatsachen
Vor allem im Sommer steigen viele Leute in den Flieger – aber längst nicht alle sitzen gelassen auf ihren Sitzen. Etwa jeder Dritte entwickle früher oder später Flugangst, sagt Psychologin und Flugangstspezialistin Jenet van Lubek. Wer im Flugzeug schnell die Flatter kriegt, richtet seine Aufmerksamkeit auf alles, was dort vor sich geht. Zieht der Kabinenchef die Augenbrauen zusammen, wird gleich das Schlimmste befürchtet. Seltsame Piepsignale sind der Beweis dafür, dass alles schiefgeht. Nur: Was ist wirklich los? Die elf häufigsten Ängste – und elf gute Ratschläge.
- DIE STEWARDESS SCHAUT BESORGT
Wer Angst vorm Fliegen hat, beobachtet das Kabinenpersonal mit Argusaugen. Schauen die Stewardessen besorgt? Haben sie es eilig? Flugangstspezialistin Jenet van Lubek: "Flugbegleiter sind auch nur Menschen. Vielleicht guckt die Stewardess bedrückt, weil Schluss ist mit ihrem Freund. Oder sie realisiert, dass sie ihre Duty-free-Artikel nicht mehr verkauft kriegt. Da wir keine Gedanken lesen können, ist es müßig, alarmiert zu sein. Suchen Sie lieber Ablenkung, indem Sie lesen oder sich unterhalten."
- DER PILOT IST NICHT MEHR IM COCKPIT
Hat das Flugzeug seine Flughöhe erreicht, gibt es für die Piloten weniger zu tun. Darum ist es gut möglich, dass einer das Cockpit verlässt, um sich kurz die Beine zu vertreten. "Manche Leute mit Flugangst befürchten, der Pilot könne einen Herzinfarkt bekommen. Aber es sind grundsätzlich zwei Piloten an Bord, bei längeren Flügen sogar drei. Somit ist stets für Ersatz gesorgt." Van Lubek sagt, die Piloten bekämen sogar verschiedene Mahlzeiten: "Stimmt mit dem Essen etwas nicht, werden auf keinen Fall beide krank."
- DIE FLÜGEL KLAPPERN
Manchmal sieht man an Bord, dass sich die Flügel auf und ab bewegen. Das mag beängstigend wirken, bedeute aber nicht, dass sie abbrechen würden, sagt van Lubek. "Im Gegenteil, die Flügel sind aus starkem, elastischem Material, und die Spitzen müssen sich sogar etwa vier Meter auf und ab bewegen können. Wenig bekannt ist auch, dass die Flügel der Stabilität halber aus einem einzigen Stück bestehen und sich somit einmal durch den Rumpf des Flugzeugs ziehen."
- DER FLIEGER LEGT SICH STARK IN DIE KURVEN
Das Flugzeug macht allerlei "Sperenzchen". So werden die Passagiere beim Aufsteigen in die Sitze gedrückt und spüren, dass sich die Maschine in den Kurven schräg legt. "Das kann schon mal unangenehm sein", sagt van Lubek. "Aber unser Gleichgewichtsorgan hält uns zum Narren. Im Flieger fehlt der Referenzrahmen: Wir sehen nicht, was genau das Flugzeug macht, und die Umgebung bietet keine visuellen Anhaltspunkte. Dadurch empfinden wir alle Bewegungen heftiger, als sie wirklich sind. Atmen Sie ruhig weiter und stemmen sich nicht dagegen, sondern bewegen sich mit. Wie ein Motorradfahrer, der sich in die Kurve legt."
- WENN ETWAS PASSIERT, IST ES UM MICH GESCHEHEN
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich während eines Fluges ein ernsthaftes Unglück ereignet, ist minimal. Ein Flugzeug ist – nach dem Personenaufzug – das sicherste Transportmittel. "Oft ist Leuten zwar klar, dass ein Autounfall viel wahrscheinlicher ist", sagt van Lubek, "aber sie meinen, im Auto seien ihre Überlebenschancen höher. Sie glauben, wenn etwas mit einem Flugzeug passiert, sei das sofort fatal. Aber: 96 Prozent der Passagiere überleben ein Flugzeugunglück."
- ICH GERATE IN PANIK
Manche Leute haben Angst, während des Flugs in Panik zu geraten und die Kontrolle über sich zu verlieren. Van Lubek: "Sie haben Ihr Verhalten sehr wohl in der Hand, zum Beispiel indem Sie ruhig atmen und Ihre Muskeln entspannen. Das hat oft sofort einen positiven Effekt."
- EIN TECHNISCHER DEFEKT
Vor dem Abflug ertönt die Durchsage, das Flugzeug könne wegen eines technischen Defekts nicht starten. Manche Leute würden dann am liebsten sofort wieder aussteigen, sagt van Lubek. "Aber das kann sich auch auf eine Toilettenspülung beziehen oder auf eine Lampe, die nicht funktioniert. Hüten Sie sich vor Spekulationen über Dinge, die Sie einfach nicht wissen."
- DIE MOTOREN MACHEN SELTSAME GERÄUSCHE
Während des Flugs machen die Motoren verschiedene Geräusche, je nachdem, wie schnell das Flugzeug fliegt. Wie im Auto auch. Außerdem, betont van Lubek, sei Luft kein Nichts. "Sogar in dem höchst unwahrscheinlichen Fall, dass beide Motoren ausfallen, hat das Flugzeug immer noch Flügel. Der Flieger wird von der Luft getragen und kann schweben. Er wird also niemals senkrecht in die Tiefe stürzen."
- WÄRE FLIEGEN SICHER, BRÄUCHTE MAN KEINE SICHERHEITSEINWEISUNG
In der Luftfahrt wird nichts dem Zufall überlassen. Gerade dass es so viele Sicherheitsmaßnahmen gibt, kann laut van Lubek paradoxerweise Angst erzeugen. „Die internationalen Luftfahrtbestimmungen schreiben vor, dass Fluggäste im Notfall wissen müssen, was zu tun ist. Denken Sie nur an ein Kreuzfahrtschiff. Auch dort werden Passagiere auf eventuelle Notfälle vorbereitet. Eigentlich wird den Sicherheitsbestimmungen in Zügen und Bussen zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Schließlich ist das Unfallrisiko in ihnen viel größer."
- ICH KANN DA NICHT RAUS
Das stimmt! Aber das brauchen Sie auch nicht. Im Flugzeug haben Sie alles, was Sie brauchen. Van Lubek: "Bekommen Sie Beklemmungen, denken Sie daran, dass die Luft alle drei Minuten ausgetauscht wird und somit frischer ist als in Ihrem Schlafzimmer. Sie können ganz normal atmen. Die Beklemmungen sind vermutlich die Folge einer zu flachen Atmung."
- HILFE, TURBULENZEN!
Auch Turbulenzen jagen oft Angst ein. Dabei sei noch nie ein Flugzeug nur deswegen abgestürzt, sagt van Lubek. „Es ist eigentlich so wie beim Fisch im Wasser. Er ist auch allerlei Strömungen ausgesetzt, die ihn nicht weiter stören.“ So ist es auch beim Flieger: "Das Flugzeug ist so gebaut, dass es 2,5-mal so hohe Turbulenzen ertragen kann, wie jemals gemessen wurden." Das heißt natürlich nicht, dass diese Spaß machen müssen. "Man kann sich stoßen oder am Tee verbrühen. Darum muss sich auch das Flugpersonal angeschnallt hinsetzen. Aber Turbulenzen bedeuten weniger Komfort – nicht weniger Sicherheit."
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Der Artikel "Entspannt fliegen" ist in Ausgabe 4/2016 von PSYCHOLOGIE bringt dich weiter erschienen. Das komplette Heft können Sie im Shop nachbestellen.