Für Sie gelesen: Neue Sachbücher
Welche neuen Sachbücher sind lesenswert? Welche Ratgeber helfen wirklich weiter? Wir stellen Ihnen Neuerscheinungen vor

Frauen unter Strom
Wieso sind gerade Frauen oft gestresst – und was können sie dagegen tun? Antworten kennt dieses stärkende Buch
Dies ist ein Buch für alle Frauen, die sich schon einmal erschöpft und von den zahlreichen Herausforderungen des Alltags überfordert gefühlt haben, und die trotzdem befürchten, nicht ‚genug’ getan zu haben”, so der erste Satz des Ratgebers. Ja, kommt mir durchaus bekannt vor aus meinem Alltag mit Job, Familie, pflegebedürftigen Schwiegereltern und, und, und. Also danke schon mal an die Zwillingsschwestern Emily und Amelia Nagoski (die eine Psychologin, die andere Dirigentin) für dieses Buch über weiblichen Stress und was wir gegen ihn tun können.
Zunächst geht es darum, aus dem Stresszyklus auszubrechen. Das beste Mittel dagegen ist körperliche Aktivität, was nicht unbedingt Sport sein muss, auch ordentliches Ausweinen gilt. Was außerdem hilft, sind soziale Strategien wie körperliche Zuneigung oder lautes Lachen. Wichtig ist auch zu erkennen, wann es sich wirklich nicht mehr lohnt, sich für eine Sache abzumühen, sondern endlich loszulassen.
Im weiteren Verlauf erfahre ich, wie wir stärker werden, um gar nicht erst den Kampf gegen die Stressoren aufnehmen zu müssen. Stichworte sind hier: stabile Beziehungen eingehen, Zeit zum ausruhen finden („Verlange Erholung und du gewinnst die Herrschaft über dein Leben zurück“, sagen die Autorinnen), Selbstmitgefühl und Dankbarkeit aufbauen, denn beide „sorgen dafür, dass wir die Differenz zwischen dem, was wir sind, und dem, was die Welt von uns erwartet, erkennen, ohne uns dafür zu bestrafen oder uns von der Welt zurückzuziehen“.
Ein extra Dankeschön gebührt den Autorinnen dafür, dass sie den gesellschaftlichen Aspekt nicht aussparen. Im zweiten Teil des Buchs geht es um das Patriarchat und wie es uns seine Spielregeln diktieren möchte, etwa das Gebersyndrom nährt, unter dem viele Frauen leiden. Ein frauenstärkendes Buch also, in jeder Hinsicht. //
Emily Nagoski, Amelia Nagoski, Stress. Warum Frauen leichter ausbrennen und was sie für sich tun können, Kösel, 20 Euro
Bild: Kösel

3 Gründe, dieses Buch zu lesen
1) ES IST EIN UMFASSENDER BEGLEITER.
Von der Ankunft des Kindes bis zum Auszug aus dem Familiennest begleitet der renommierte Kinder und Jugendpsychiater Eltern in Familienjahre – ein Beziehungs und kein Erziehungsbuch, wie er betont.
2) ES REGT ZUM WEITERDENKEN AN.
Schulte Markwort erweist sich als gewohnt guter Ratgeber, der nach jedem Kapitel (= Entwicklungsabschnitt des Kindes) wertvolle Denkanstöße liefert („Gebären ist eine Kunst“, „Mütterlichkeit wird unterbewertet“, „Verlassen Sie sich auf Ihre Liebe zu Ihrem Kind – und umgekehrt“). Seine exemplarisch verfassten Briefe an ein Kind in unterschiedlichen Altersstufen regen zudem an, selbst solche Briefe zu verfassen und darin die Beziehung zum eigenen Kind zu reflektieren – wenn nur für sich selbst.
3) ES REDET KLARTEXT.
„Sie finden in diesem Buch keinen einzigen Knopf“, schreibt Schulte Markwort, einfach weil es bei Kindern keine Knöpfe gebe, die man drücken kann, und dann läuft es. Sein Buch ist daher auch ein Plädoyer dafür, sich von gewissen Vorannahmen und Mythen in Sachen Kindererziehung zu verabschieden, wie „Kinder müssen allein einschlafen können“ oder „Helikopter-Eltern erzeugen unselbstständige Kinder“. //
Michael Schulte-Markwort, Familienjahre. Wie unser Leben mit Kindern gelingt, Droemer, 19,99 Euro
Bild: Droemer

Unseren Daten auf der Spur
Letzte Nacht genug Schlaf bekommen, sagt der Schlaftracker. Heute schon 13.000 Schritte gemacht, zeigt das Fitnessarmband, und dazu noch die empfohlene Kalorienanzahl eingehalten, schaltet sich die Kalorienzählerapp ein. Glückwunsch, oder? Nie war der Mensch so gut vermessen wie heute, ein Fest für Anhänger der Quantified-Self-Bewegung, von der uns ein fiktiver Vertreter in diesem Buch begegnet. aber sind wir nicht mehr als unsere Daten? Fundiert und ohne technikfeindlich zu sein, geht Psychologin Vivien Suchert den Ausprägungen unserer Selbstvermessung nach, weist auf Risiken hin, macht deutlich, dass Zahlen und Daten stets auch einen Kontext brauchen, in dem sie gelesen werden – und plädiert so für einen reflektierten Umgang damit. //
Vivien Suchert, Das vermessene Ich, Ecowin, 18 Euro
Bild: Ecowin

Klar, Frauen gehen fremd!
Untreue Männer sind Alltag, untreue Frauen die (gern als Schlampen bezeichnete) Ausnahme. Mit dieser Gleichung ist die Anthropologin Wednesday Martin nicht einverstanden und führt in ihrem Buch Untrue Studien an, die besagen, dass bei den 20- bis 30-Jährigen die Zahl an Seitensprüngen bei Frauen höher ist als bei Männern (bezogen auf die USA). Sie lässt untreue Frauen zu Wort kommen und geht mit Wissenschaftlerinnen der Frage nach, woher der Monogamie-Gedanke eigentlich kommt und wie es unsere tierischen Verwandten damit halten. Die Erkenntnisse sind nicht immer neu, das Ziel ist aber ehrenwert: Frauen sollen ihre Sexualität hinterfragen und das Gefühl bekommen, ein Recht darauf zu haben, ihr Begehren auszuleben. //
Wednesday Martin, Untrue. Warum fast alles, was wir über weibliche Untreue zu wissen glauben, unwahr ist, Berlin Verlag, 22 Euro
Bild: Berlin Verlag

Lernen mit den Profis
Das merk ich mir“, denke auch ich oft – um wenig später ernüchtert festzustellen: „Hab ich mir leider doch nicht gemerkt.“ Wie Informationen wirklich im Gehirn hängen bleiben, zeigen die drei Autoren, darunter zwei Kognitionswissenschaftler, in diesem Buch. Lernen durch stetiges Wiederholen etwa ist ein weitverbreitetes Mittel, erfolgreicher lernt man aber, indem man immer wieder Übungspausen einlegt. Das Gehirn muss sich dann mehr anstrengen, um das Gelernte zu rekonstruieren, was für eine bessere Verankerung im Langzeitgedächtnis sorgt. Eine andere von vielen hilfreichen Methoden ist, den Lernstoff mit einer passenden Metapher oder einem Bild zu verknüpfen. Klingt schrecklich theoretisch, wird im Buch aber dankenswerterweise mit vielen Beispielgeschichten illustriert. //
Peter Brown, Henry Roediger III, Mark A. McDaniel, „Das merk ich mir!”, Goldmann, 11 Euro
Bild: Goldmann

Das schmeckt dem Gehirn
Auch dem Neurologen Christof Kessler geht es um unser Gehirn und wie wir es – im wahrsten Sinne des Wortes – richtig füttern. Welche Nahrungsmittel tun dem Kopf also gut? Das Buch gibt zunächst einen hilfreichen Überblick, wie das Gehirn funktioniert und welchen Einfluss wir über Ernährung nehmen können (die Botenstoffe, die Nervenzellen zur Kommunikation brauchen, bestehen etwa oft aus Eiweiß und können gezielt gefüttert werden), bevor es darum geht, wie eine richtige Ernährung bei neurologischen Erkrankungen wie Migräne, Depression oder Schlaganfall helfen kann. Die passenden und an sprechend ausgewählten Brainfood-Rezepte liefert Ernährungswissenschaftlerin Regina Rautenberg im zweiten Teil des Buches. //
Christof Kessler, Regina Rautenberg, Essen für den Kopf, Südwest, 20 Euro
Bild: südwest