Wie Paartherapie die Beziehung retten kann
Meike Langrock hilft Paaren dabei, sich auf Augenhöhe zu begegnen und wieder zueinanderzufinden. Im Interview verrät sie, wie Paartherapie funktioniert und was der Schlüssel zu einer guten Beziehung ist
Frau Langrock, was genau heißt denn „Paartherapie“? Worum geht es dabei?
Wenn ein Paar in die Therapie kommt, hat es ein wiederkehrendes Beziehungsmuster, wie zum Beispiel immer wieder zu streiten. Es kann aber auch etwas ganz anderes sein. Zuallererst wird dieses Muster aufgedeckt, schließlich ist es das, was das Paar ins Aus schießt. Dahinter stecken in der Regel Defizite, die wir als Kind erlebt haben - die werden dann zu Sehnsüchten in einer Beziehung. Wenn wir eine Beziehung eingehen, denken wir: „Der/Die ist perfekt für mich. All meine Sehnsüchte werden erfüllt.“ Ebbt die erste Verliebtheit ab, stellen wir fest: Der Partner erfüllt doch nicht all meine Sehnsüchte. In der Therapie finden wir heraus, welche Bedürfnisse warum unbefriedigt bleiben, woher die Bedürfnisse kommen und wie wir am besten beide Partner glücklich machen können.
Welche Vorteile bietet eine Paartherapie gegenüber Einzeltherapien?
Der Vorteil einer Paartherapie ist, dass man Kommunikation üben kann. Denn die ist ganz entscheidend für eine funktionierende Beziehung. Es geht darum, zu beobachten, ob eine Botschaft den Partner genauso erreicht, wie sie gemeint war. Ein Beispiel: Ich frage den Partner: „Wie ist das denn bei Ihnen gerade angekommen?“ „Also bei mir ist angekommen, dass ich alles falsch mache“, lautet oft die Antwort. Fragt man den Sender der Botschaft: „Haben Sie das auch so gemeint?“, sagt er fast immer: „Nein!“.
Dieses Spiel aus Senden und Empfangen spielen wir so lange, bis die Botschaft schließlich so verstanden wird, wie sie auch gemeint war. Funktionierende Kommunikation in der Beziehung lernt man eigentlich nur gemeinsam in einer Paartherapie.
Was ist die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Therapie?
Beide Partner müssen wollen. Beide müssen Ja sagen und bereit sein für eine Veränderung.
Und wenn ich den Wunsch nach einer Therapie habe, aber mein Partner weigert sich strikt dagegen, was mache ich dann?
Zunächst lohnt es sich immer, allein mit einer Therapie anzufangen. Wenn wir mit uns selbst glücklich sind, strahlen wir etwas ganz anderes aus, haben wir eine ganz andere Energie, als wenn wir traurig oder frustriert sind. Wieder ein Beispiel: Habe ich zuhause, von meinen Eltern gelernt, dass man Konflikte auf keinen Fall zum Thema macht, trage ich das mit in die Beziehung und vermeide, Konflikte anzusprechen. Wenn ich dann aber in der Therapie lerne, dass eine Beziehung einfacher wird, wenn man Streitpunkte thematisiert, gehe ich ja schon ganz anders in die Beziehung mit meinem Partner. Dadurch, dass ich mich ändere, ändert sich auch die Beziehung. Das ist wie bei einem Mobile: Jeder hat seinen Platz. Fängt ein Teil an, sich zu bewegen, muss sich der andere Teil mitbewegen.
Mit welchen Problemen kommen die Paare so zu Ihnen?
Das ist ganz unterschiedlich. Zum Teil haben sich die Paare auseinandergelebt, auch aufgrund von Kindern. Dann gibt es Paare, bei denen Fremdgehen eine Rolle spielt, bei denen das Vertrauen verloren gegangen ist. Aber auch Sucht oder schwere Krankheit des Partners kommen als Ursache vor.
Wann sollte ein Paar im Idealfall bei Ihnen vorstellig werden?
Wenn einer in der Beziehung merkt, er kann nicht authentisch sein, er kann nicht sein, wie er ist. Dann zeigen sich nämlich schon die ersten Konflikte. Wer sich verstellt, wird dauerhaft nicht glücklich. Doch das Wichtigste für ein Paar ist, überhaupt zu erkennen, dass es eine Krise hat. Die meisten können das nämlich gar nicht. Da sagt man schnell: „Das ist doch bei unseren Freunden genauso. Probleme hat man mal.“ Und das ist in der Regel gar nicht gut.
Gibt es denn einen Punkt, an dem es schon zu spät ist für eine Therapie?
Es gibt eigentlich keinen richtigen Punkt, an dem es zu spät ist. Außer einer sagt: „Ich liebe dich nicht mehr.“ Pathologische Beziehungen, also wenn ein Partner zum Beispiel ein krankhafter Narzisst ist, jetzt einmal ausgenommen. Da kann es wirklich problematisch werden.
Sie haben erzählt, manche Paare kommen mit dem Wunsch zu Ihnen, sich zu trennen?
Ja genau. Es kommt vor, dass Paare schon wissen, dass sie sich trennen möchten, wenn sie zu uns in die Praxis kommen. Ihnen ist es dann zum Beispiel wichtig, dass die gemeinsamen Kinder dabei keinen Schaden nehmen. Es kommt also erst das Paar und danach die ganze Familie in die Praxis, um die Trennung gemeinsam zu verarbeiten.
Welche Rolle übernehmen Sie als Therapeutin in einer Sitzung?
Ich bin kein Schiedsrichter und entscheide, wer im Recht ist, sondern ich unterstütze jeden. Es ist wichtig, dass beide als Paar zusammen- und in Kontakt kommen. Diese Möglichkeit biete ich ihnen. Und dabei gehe ich immer vom Positiven aus: Einen guten Kern haben wir alle in uns, durch Prägung und negative Glaubenssätze wird der nur manchmal verschleiert oder verschüttet.
Wie kann ein Paar dauerhaft krisenfest bleiben?
Wichtig ist, sich gemeinsame Paarzeit zu schaffen. Manchmal frage ich: „Und, wie viel Paarzeit nehmen Sie sich in der Woche?“ Als Antwort höre ich dann ein entgeistertes „In der Woche?“ – Ja, in der Woche! Klar, das ist manchmal schwer, wenn man Kinder hat, aber es lohnt sich. Doch noch wichtiger ist, weiter an der Kommunikation zu arbeiten. Sie ist eben der Schlüssel. So banal es klingt: Man muss so viel wie möglich über Gefühle reden.
Meike Langrock ist zertifizierte Einzel-, Paar- und Familientherapeutin sowie staatlich geprüfte Heilpraktikerin für Psychotherapie. Sie teilt sich eine Praxis mit Dr. Nikolaus Peters in Hamburg und bietet gemeinsam mit ihrem Ehemann Thomas unter paarzeit-jetzt.de auch ein Online-Paarcoaching an.