Wenn Freundschaft krank macht
Eine gute Freundin zu haben, mit der man Probleme wälzen kann, ist wichtig. Doch manchmal laufen Mädchen Gefahr, durch negative Gefühle der Freundin selbst depressiv zu werden. Was hilft, wenn einen das sogenannte Co-Ruminieren krank macht?
Eines von fünf Mädchen leidet als Jugendliche unter depressiven Verstimmungen. Eine Ursache ist, dass Mädchen zur Co-Rumination neigen: dem gemeinsamen Grübeln. Orthopädagogin Patricia Vuijk von der Hogeschool Rotterdam forscht auf diesem Gebiet.
Warum neigen Mädchen zur Co-Rumination?
Patricia Vuijk: Mädchen in der Pubertät legen großen Wert auf Empathie untereinander. Sie wollen einander verstehen, füreinander da sein. Sie reden viel über ihre Sorgen und Probleme. Das ist an sich positiv, denn es führt dazu, dass sie oft eine tiefe Verbundenheit mit ihren Freundinnen erleben. Aber es macht sie auch verletzlich. Aus US-Studien wissen wir, dass exzessives Reden über negative Gefühle und Probleme innerhalb einer Freundschaft depressiv machen kann.
Wann wird die Empathie zum Problem?
Das genau versuchen wir aufzudröseln: Bis zu welchem Punkt sind Freundschaften hilfreich – und ab wann machen sie krank? Es gibt einen kritischen Punkt, an dem alles umschlägt und Co-Ruminieren negative Folgen nach sich zieht. manchmal leiden junge Mädchen unter einer Freundin, die viele negative Gefühle teilt, doch aus Loyalität oder Angst, es könnte der Freundin nicht guttun, trauen sie sich nicht, die Freundschaft aufzukündigen oder sie zumindest weniger intensiv zu pflegen. Freundinnen können sich gegenseitig mit negativen Gedanken und Gefühlen anstecken und Probleme aufbauschen. Dann kann es zu Depressionen kommen.
Geht das mit dem Älterwerden von selbst vorbei?
Nicht unbedingt. Mädchen, die miteinander viel über Probleme und negative Gefühle reden, suchen die Nähe Gleichgesinnter. Auch wenn sie älter werden, suchen sie Freundinnen mit demselben Gesprächsstil, denn das fühlt sich vertraut an und vermittelt ein Gefühl von Verbundenheit. Auch erwachsene Frauen können mit einer Freundin in diesem Muster landen.
Was kann man dagegen machen?
Für Eltern ist es wichtig, mit ihren Töchtern zu reden: Was passiert innerhalb von Freundschaften und App-Gruppen? Inwiefern wird die eigene Tochter von den Problemen der Freundinnen belastet? Und wie lernt sie, besser damit umzugehen? Die sozialen Medien bieten heute eine permanente Plattform zur Co-Rumination. Deswegen könnten Eltern zum Beispiel vereinbaren, dass das Smartphone nicht ins Bett mitgenommen werden darf. Sie sollten ihren Töchtern auch sagen, dass man manchmal aufhören muss, ständig über Probleme zu reden und lieber Ablenkung in schönen, entspannenden oder sportlichen Aktivitäten suchen sollte. Am besten geht man dann auch gleich mit gutem Beispiel voran.
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