Tipps für eine anregende Erziehung
Was Eltern und andere Erziehende tun können, damit Kinder ihr komplettes Potenzial besser nutzen, weiß Neuropsychologe Jelle Jolles
Mit diesen Tipps helfen Sie Ihrem Kind, das Beste aus sich zu machen.
FÜR ELTERN VON MÄDCHEN:
- Vielleicht ein wenig abgedroschen, aber ein kleines Mädchen anzuregen, mit Klötzen und Lego zu spielen, ist wirklich sinnvoll. Ihre Tochter wird so ihr räumliches Vorstellungsvermögen besser entwickeln. Dasselbe gilt für "wildere" Spiele im Freien. Lassen Sie Mädchen also unbedingt in Bäume klettern und von Mauern springen.
- Pflichten Sie dem möglichen Widerwillen Ihrer Tochter in Bezug auf naturwissenschaftliche Fächer nicht zu schnell bei. Erklären Sie ihr, dass sie im Moment vielleicht in Sprachen besser ist als in Mathematik, aber sich ihr Gehirn noch entwickelt und man durch häufiges Rechnen wirklich Fortschritte macht. Naturwissenschaftliche Fächer nicht gleich abzuwählen bedeutet also nicht nur, dass man bei der späteren Ausbildung mehr Optionen hat, sondern auch, dass sich das Gehirn breiter entwickelt. Vermitteln Sie daher Vertrauen und bieten Sie Unterstützung an, eventuell auch durch Nachhilfeunterricht.
- Loben Sie Ihre Tochter nicht nur für ihre Folgsamkeit, sondern regen Sie sie auch an, Dinge in die Hand zu nehmen und Risiken einzugehen. Begrüßen Sie es also, wenn sie sich an der Schülervertretung beteiligen will, und machen Sie kein erschrockenes Gesicht, wenn sie auf einem Baumstamm einen Bach überquert.
FÜR ELTERN VON JUNGEN:
- Reden Sie von klein auf viel mit Ihrem Sohn. Bringen Sie ihm bei, Gefühle in Worte zu fassen und Geschehenes zu reflektieren: Warum wurde er so wütend, als er von einem Mitschüler beschimpft wurde? Oder war er vielleicht eher traurig? Was meint er, warum hat man ihn beschimpft? Wenn sich ein Junge dabei noch unwohl fühlt, können Sie sich auch gemeinsam Fotos in der Zeitung anschauen. Was sehen die Leute darauf? Was tun sie? Wie fühlen sie sich?
- Helfen Sie Ihrem Sohn zu planen - und damit sind nicht nur Hausaufgaben gemeint. Lassen Sie ihn beispielsweise formulieren, was er in einer Stunde, einem Tag, einer Woche macht. Damit helfen Sie ihm, zu überlegen, was in bestimmten Situationen konkret anliegt: "Gehe ich zu einem Geburtstag, muss ich ein Geschenk kaufen", "Um rechtzeitig beim Fußball zu sein, muss ich meine Sachen gepackt haben und wissen, wo mein Fahrradschlüssel liegt“.
- Lenken Sie einen Jungen ausreichend. Akzeptieren Sie kein asoziales, übermäßig lebhaftes oder aggressives Verhalten, "weil er nun mal ein Junge ist". Seien Sie sich dabei der Tatsache bewusst, dass die Entwicklung von Impulsbeherrschung viele Jahre braucht. Denken Sie zudem daran, dass "zu lebhaft" nicht per Definition "uninteressiert" oder "dumm" bedeutet. Im Gegenteil – es kann gerade Neugier oder Unternehmungsgeist ausdrücken.
- Erkennen Sie das Bewegungsbedürfnis Ihres Sohnes. Bieten Sie ihm dafür Raum, indem Sie ihn viel Sport treiben oder draußen spielen lassen.
FÜR ALLE ELTERN:
- Jugendliche lassen sich in dem, was sie tun, (auch) stark von den Erwartungen ihrer Freunde leiten. Hausaufgabenplanung ist etwas für Weicheier? Dann wird sich Ihr Sohn dafür nicht so anstrengen. Mathematik mögen vor allem Langweilerinnen? Dann muss Ihre Tochter viel Selbstvertrauen haben, um sich trotzdem für den naturwissenschaftlichen Zweig an der Schule zu entscheiden. Machen Sie Ihren Kindern diesen Mechanismus bewusst. Erklären Sie ihnen auch, dass alle Fähigkeiten, die man übt – vom Planen bis zur Lösung von Rechenaufgaben –, beeinflussen, wie sich das Gehirn entwickelt.
Weiterlesen
Mehr zum Thema "Wie Sie Ihrem Kind helfen, das Beste aus sich zu machen" lesen Sie in Ausgabe 4/2017 von "Psychologie bringt dich weiter". Das Heft können Sie im Shop nachbestellen.